Die Finanzierungsinstrument im Portrait

Ein neuer Finanzbedarf ergibt sich nicht nur, wenn ein Unternehmen neu gegründet wird oder expandiert, sondern auch, wenn Nachfrage und Umsatz steigen. Ein wirtschaftlicher Aufschwung führt zu einem erhöhten Kapitalbedarf, denn die Unternehmenstätigkeit muss vorfinanziert werden. Der Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitskraft kostet Geld, und das Unternehmen muss in Vorleistung gehen.

Die Finanzierung des Kapitalbedarfs muss sorgfältig überlegt werden. Durch eine geeignete Kombination von Finanzierungsinstrumenten und Kapitalgebern wird der Erfolg eines Unternehmens maßgeblich beeinflusst. Die naheliegendste Finanzierung ist die Finanzierung aus eigenen Mitteln: Der/die Unternehmer/in trägt das Risiko und die Verantwortung selbst, hat die gesamte Entscheidungsmacht und den vollen Erfolg. Er/sie ist sozusagen niemandem etwas schuldig – weder in finanzieller Hinsicht, noch indem er/sie sich für die eigenen Entscheidungen rechtfertigen muss.

Die Finanzierung durch Eigenkapital stellt den „Königsweg“ unter den Finanzierungsmöglichkeiten dar. Deshalb ist es wichtig, dass sich der/die Unternehmer/in vorab überlegt, wie er/sie selbst die notwendigen Mittel aufbringen kann, um einen zusätzlichen Finanzmittelbedarf zu decken.

Sinnvoll ist es, eine Kombination von verschiedenen Finanzierungsformen zu finden, denn jede Form der Mittelbeschaffung und jede Geldquelle hat ihre eigenen Charakteristiken und Merkmale. Je nachdem, wofür die Finanzmittel gebraucht werden, kann und sollte auch die Beschaffung unterschiedlich aussehen.

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten:

  • die Finanzierung durch den/die Eigentümer/in
  • die Aufnahme von Fremdkapital
  • die besonderen Formen der Finanzierung (insbesondere Factoring, Mezzanine-Finanzierung, Beteiligungsfinanzierung).

Jede dieser Möglichkeiten hat eigene Merkmale und die jeweiligen Geldgeber haben unterschiedliche Erwartungen an den/die Unternehmer/in.

Wer Eigenkapital ins Unternehmen einbringt, erwartet sich Rendite bzw. Wertsteigerung. Ein Gesellschafter erhält Rendite in Form von Gewinn und

Wertsteigerung, wenn er seine Anteile zu einem höheren Preis verkaufen kann, als er sie gekauft hat. Zusätzlich kann er die Geschicke des Unternehmens mitgestalten und aktiv steuern.

Sollte die Möglichkeit der Zufuhr von Eigenkapital ausgeschöpft oder unzureichend sein, bildet die Aufnahme von Fremdkapital eine Alternative. Für den Fremdkapitalgeber sind Tilgung und Verzinsung von zentraler Bedeutung. Er beurteilt die Bonität des Unternehmens und verlangt bei Bedarf Sicherheiten. Die Festsetzung der Zinshöhe erfolgt in der Regel durch Risikoparameter, die im Rahmen eines Ratingsystems berechnet wurden.

1. Finanzierung aus Eigenkapital

Werden zusätzliche finanzielle Mittel benötigt, wird sich der/die Unternehmer/in überlegen, wie und woher er/sie Geld für die Tätigkeit des Unternehmens beziehen kann. Die naheliegendste Möglichkeit ist die Einbringung von Eigenkapital. Dies kann erfolgen durch:

  • Verzicht auf Gewinnausschüttung
  • Einbringung weiterer Einlagen ins Unternehmen durch den/die Unternehmer/in bzw. die Gesellschafter
  • Aufnahme von zusätzlichen Gesellschaftern.

Ein Unternehmen aus eigenen Mitteln zu finanzieren hat eine Reihe von Vorteilen: Es muss nicht regelmäßig Geld für die Zinszahlung und die Tilgungsraten bereitgestellt werden, und der/die Unternehmer/in bzw. die Gesellschafter behalten die volle Kontrolle über den Betrieb. Die Entscheidungsfähigkeit verbleibt im Unternehmen.

2. Finanzierung aus Fremdkapital

2.1 Klassische Finanzierungsinstrumente der Bank

2.1.1 Kontokorrentkredit

Der Kontokorrentkredit ist eine Kreditform, die vor allem dazu dient, das Umlaufvermögen zu finanzieren. Wie aus dem Wort „conto corrente“ abzuleiten ist, ist es ein laufendes Konto, über das die täglichen operativen Finanzbewegungen eines Unternehmens abgewickelt werden. Als optimal genutzt gelten Kontokorrentkredite unter folgenden Umständen:

– Der Umsatz, welcher über das Kontokorrent abgewickelt wird, sollte mindestens dem Dreifachen des Kontokorrentrahmens entsprechen (z. B. K/K-Rahmen von Euro 100.000 für einen Kontoumsatz von Euro 300.000).

– Die durchschnittliche Ausnutzung des K/K-Rahmens sollte max. 75 %, besser max. 50 % betragen.

– Überziehungen des K/K-Rahmens, auch einmalige, verschlechtern das Rating erheblich.

2.1.2 Darlehen

Darlehen sind Kredite, mit denen ein klar definiertes

Vorhaben finanziert wird. Die Laufzeit und die Art der

Tilgung werden dem Finanzierungszweck angepasst. Ein Darlehen wird in der Regel durch eine Realgarantie abgesichert. Als solche werden Eintragungen einer Hypothek, Pfandbestellungen auf Einlagen oder auf Wertpapiere bezeichnet. (Nähere Informationen zur Realgarantie siehe Kapitel 6.4.1.1).

Je nach Art der Tilgung werden folgende Darlehensarten unterschieden:

– Darlehen mit gleichbleibender „Annuität“: die Rate ist immer gleich hoch und beinhaltet zu Beginn der Laufzeit eine höhere Zinsbelastung und gegen Ende der Laufzeit eine höhere Kapitaltilgung.

– Darlehen mit fester Kapitaltilgungsrate: die Kapitaltilgung bleibt konstant und die Zinsen werden auf Basis der verbleibenden Restschuld berechnet. Somit ergibt sich über die Laufzeit des Darlehens eine konstant abnehmende Rate.

– Darlehen mit Endfälligkeit: während der Laufzeit des Darlehens werden nur Zinsen bezahlt und das gesamte Kapital wird erst am Ende der Laufzeit als einmaliger Betrag getilgt.

Weitere Besonderheiten von Darlehen:

– Chirografardarlehen: ist eine Sonderform des Darlehens und unterscheidet sich vor allem durch die Tatsache, dass keine „Realgarantie“ verlangt wird. Deshalb sind Chirografardarlehen durch das höhere Risiko des Kreditgebers teurer als realbesicherte Darlehen.

– Darlehen aus dem Rotationsfonds: werden zur Unternehmensfinanzierung häufig angewandt. Das Land Südtirol stellt einen Teil des Kapitals zinslos zur Verfügung. Der Rest des Kapitals kommt zu marktüblichen Bedingungen von der kreditgewährenden Bank, welche dem Land Südtirol die Rückzahlung des Kapitals garantiert. Der Zinssatz berechnet sich aus dem Marktzins für das Kapital der Bank, dem Risikozins zur Absicherung des Kreditausfalls sowie den Bearbeitungskosten.

– Hypothekardarlehen: ist ein Darlehen, das mit der Eintragung eines Grundpfandrechtes auf eine Immobilie besichert ist. Es dient zur Finanzierung des Baus, Erwerbs oder der Modernisierung einer Immobilie. Kommt der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht mehr nach, kann der Darlehensgeber durch Verwertung der Immobilie das Hypothekardarlehen tilgen.

– Kurzfristiges Darlehen (Laufzeit max. 12. Monate) zur Bevorschussung von Rechnungen oder zugesagten Förderbeiträgen.

2.1.3 Projektfinanzierung / Bauträgerfinanzierung

Diese Sonderform eines Darlehens ist vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, in der Baubranche üblich. Dabei finanziert die Bank ein klar definiertes Vorhaben und die Tilgung des Darlehens richtet sich nach dem Projektfortschritt. Die Tilgung kann je nach den Erfordernissen des Projekts bzw. des Vorhabens unterschiedlich ausgestaltet sein:

  • endfälliges Darlehen: Zinsen werden regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, bezahlt und das Kapital wird am Ende des Projekts zurückgezahlt;
  • Rückzahlung in Abhängigkeit von der Erreichung bestimmter Projektmeilensteine (z. B. beim Verkauf einer fertiggestellten Wohnung);
  • Projekt- bzw. Bauträgerfinanzierung mit hypothekarischer Sicherstellung und Teilauszahlung nach Projektfortschritt.

2.1.4 Bevorschussung von Bankbestätigungen, Rechnungen und Werkverträgen

Die Bevorschussung von Bankbestätigungen, Rechnungen und Werkverträgen sind Kreditformen, mit denen eine Bank ganz bestimmte, üblicherweise kurzfristige, Geschäfts vorgänge finanziert. Es kann sich hier um eine einmalige Bevorschussung eines Geschäftsvorfalles handeln oder um die Bereitstellung eines Bevorschussungsrahmens, der ähnlich wie ein Kontokorrent genutzt wird. Die häufigste Art ist der sogenannte „sbf (salvo buon fine)“-Rahmen: Die Bank bevorschusst bereits ausgestellte, aber noch nicht fällige Rechnungen, um dem Unternehmen kurzfristig neue Liquidität bereit zu stellen.

2.1.5 Exportfinanzierung

Die Exportfinanzierung ähnelt der Rechnungsbevorschussung. Es kann sowohl eine bereits ausgestellte Rechnung, als auch ein „Auftrag“ für ein Exportgeschäft bevorschusst werden. In diesem Fall wird die Bank das Projekt bzw. den Auftrag prüfen, Zahlungsgarantien bei Bedarf einfordern und eine Bevorschussung von bis zu 90 % des Geschäftsvolumens vornehmen.

2.1.6 Importfinanzierung

Die Importfinanzierung kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn der ausländische Lieferant Vorauskasse oder eine Zahlung bei Lieferung verlangt. Der/die Unternehmer/in muss dem Lieferanten den Warenwert vorstrecken, noch bevor er/sie vom eigenen Kunden eine Zahlung erhält.

Dabei kann es sich um einen einmaligen Vorgang handeln oder um eine regelmäßige Geschäftspraxis.

2.1.7 Finanzierung in Fremdwährung

Die Finanzierung in Fremdwährung ist eine relativ seltene Kreditform. Sie wird vor allem dann notwendig, wenn ein Geschäftsvorfall in Fremdwährung zu bezahlen ist. Eine Finanzierung in Fremdwährung bedeutet, das „Wechselkursrisiko“ zu akzeptieren, was einen Kursgewinn, aber auch einen Kursverlust bringen kann. Zur Absicherung dieses Kursrisikos bieten Banken die Absicherung mittels Devisentermingeschäften an. In der Praxis kauft das Unternehmen für einen bestimmten Stichtag die Fremdwährung zu einem bereits heute fixierten Kurs an.

2.1.8 Pool-/Sammelfinanzierung

In manchen Fällen übersteigt das angefragte Kreditvolumen die Möglichkeiten der Hausbank. Eine Bank kann nur Kredite bis zu der Höhe gewähren, wie ihr aufsichtsrechtliches Eigenkapital es erlaubt. Übersteigt eine Kreditanfrage den entsprechenden Betrag, so wird die Hausbank eine zweite und evtl. weitere Bank dazu nehmen, um den Kredit gewähren zu können. In diesem Fall spricht man von einer Poolfinanzierung. Die nach „außen“ kreditgebende Hausbank ist der „Poolführer“, die anderen Banken die „Poolfinanzierer“. Risiken und Garantien verteilen sich auf die teilnehmenden Banken anteilsmäßig, weshalb das Risiko für jede einzelne Bank im Pool sinkt.

2.1.9 Dokumentenakkreditiv

Das Dokumentenakkreditiv ist eine Garantieleistung einer Bank gegenüber einem ausländischen Lieferanten. Die ausstellende Bank verpflichtet sich, bei der Vorlage von den im Vertrag definierten Dokumenten die entsprechende Zahlung zu leisten. Eine solche Garantie leistet in der Regel der Importeur gegenüber dem Exporteur. Manchmal wird diese Garantieform durch Exportgarantien des Staates ersetzt.

2.1.10 Bankgarantien / Bankbürgschaften

Eine Bankgarantie / Bankbürgschaft ist eine Garantieleistung, die eine Bank für ihren Kunden gegenüber Dritten übernimmt. Eine solche Garantie ist in der Regel für beide Seiten positiv: Der Lieferant hat die Garantie, dass seine Leistungen bezahlt werden, und der Kunde kann unter Umständen einen besseren Preis erzielen, da für seinen Lieferanten das Zahlungsrisiko eliminiert wird. Die übliche Geschäftspraxis sieht die Einbringung einer Bankgarantie für das Grundgeschäft vor. Dies unterstreicht, dass die Sicherheit der Zahlung in manchen Fällen wichtiger ist als die Rentabilität.

2.2 Finanzierungen über andere Kapitalgeber

2.2.1 Lieferantenkredit

Der Lieferantenkredit ist eine häufig gewählte Kreditform. Der Lieferant gewährt bei der Lieferung ein Zahlungsziel und damit einen kurzfristigen Kredit. Er liefert seinem Kunden die Ware bzw. Dienstleistung und vertraut darauf, dass die Zahlung pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt erfolgen wird. Der Kunde nutzt diesen Kredit, zahlt später und verbessert damit seine Liquidität. Allerdings ist dieser Kredit sehr teuer: Es werden zwar keine Zinsen für den Zahlungsaufschub verlangt, aber es wird auf den Zahlungsskonto bei einer sofortigen Zahlung verzichtet. Der Preisnachlass „Skonto bei sofortiger Zahlung“ ist für den Kunden in der Regel höher als die Kosten für die Liquiditätsbeschaffung, um sofort zahlen zu können.

Dass sich eine sofortige Zahlung für den Kunden lohnt, zeigt das nachfolgende Beispiel:

Die Differenz zwischen dem Skonto bei sofortiger Zahlung (300 €) und dem Zinsaufwand für die Liquiditätsbeschaffung (3 Monate, 97 €) beträgt im oben angeführten Beispiel 203 €. Zusätzlich sei erwähnt, dass eine sofortige Zahlung das Image des Kunden stärkt, seine Kreditwürdigkeit steigert und die Konditionen verbessert.

2.2.2 Anzahlung vonseiten des Kunden

Auch eine Anzahlung bzw. Vorauszahlung, die der Kunde leistet, stellt einen Kredit dar. Gerade in der Baubranche ist es üblich, dass der Kunde bei Vertragsabschluss eine Anzahlung leistet. Diese Anzahlung dient dazu, dass das Unternehmen Liquidität bekommt, um Vorleistungen finanzieren zu können.

2.2.3 Leasing

Leasing bedeutet ursprünglich „mieten“ und darin liegt auch der Grundgedanke des Leasing. Werden Anlagen nicht auf Dauer gebraucht, sondern nur für einen bestimmten Zeitraum oder für ein bestimmtes Projekt, dann bietet sich Leasing als Alternative zum Kauf an. Diese Form wird technisch als klassisches Leasing bezeichnet. Anlagegüter oder Maschinen werden nicht gekauft, sondern für einen genau definierten Zeitraum „geleast“. So wird ein Kauf vermieden und es wird Liquidität gespart. Typische Leasinggüter sind z. B. Baumaschinen und Gerüste, aber auch der Firmenfuhrpark wird häufig durch Leasing beschafft. Der Leasingnehmer erhält das Fahrzeug für einen vordefinierten Zeitraum und ist eigentlich nur für „Tanken & Putzen“ zuständig. Alle anderen Leistungen werden vom Leasinggeber erbracht (so etwa Revisionen, Reifenwechsel, Versicherung, Steuern, u. a.). Am Ende der Leasingperiode wird das geleaste Gut zurückgegeben bzw. ein neuer Leasingvertrag für ein neues Gut abgeschlossen.

Beim Finanzierungsleasing hingegen zahlt der Kunde beim Vertragsabschluss eine definierte Anzahlung, während der Nutzung die Leasingraten sowie bei Vertragsende eine Abschlagszahlung und damit geht das Leasinggut in sein Eigentum über.

Welche Form von Leasing in Bezug auf steuerliche Absetzbarkeit, Kosten, Vertragsbedingungen, Zinssatz usw. am günstigsten ist, muss im konkreten Einzelfall überprüft werden.

2.2.4 Anleihen

Anleihen bzw. Obligationen sind Fremdkapital, welches dem Unternehmen von privaten oder institutionellen Anlegern zur Verfügung gestellt wird. Der Anleger (Zeichner der Anleihe bei Emission bzw. Ausgabe) ist Gläubiger des Emittenten (Unternehmen, welches das Fremdkapital bekommt) und hat ein Recht auf Verzinsung und Rückzahlung des eingesetzten Kapitals. In der Regel sind keine Sicherheiten notwendig, die Laufzeit und der Zinssatz sind fix und am Ende der Laufzeit muss die Rückzahlung in voller Höhe (Nominalwert) erfolgen. Der Geldgeber hat formal keinen Einfluss auf die Geschäftsführung.

Minibonds

Die Emission von Anleihen durch Klein- und Mittelunternehmen werden Minibonds genannt. Im Fall der Südtiroler Minibonds kommen die finanziellen Mittel aus dem Euregio Minibond Fonds mit dem Ziel, Geld aus der Region wieder den regionalen Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

3. Besondere Formen der Unternehmensfinanzierung

3.1 Factoring

Factoring ist ein Verkauf von Kundenforderungen. Der „Factor“ kauft eine Forderung und bezahlt dafür den Forderungsbetrag abzüglich Zinsen und Kosten für die Risikoübernahme. In der Praxis wird der Factor die Einbringlichkeit der Forderung prüfen und entscheiden, ob er das Risiko eingehen will. Risiko und Restlaufzeit bis zur Fälligkeit der Forderung werden in der Berechnung des Kaufpreises berücksichtigt. Der Vorteil für das „verkaufende“ Unternehmen ist das sofortige Inkasso sowie eine Verringerung des Ausfallrisikos. Aus einem Forderungsverkauf von etwa Euro 100.000,00 kassiert er vielleicht Euro 90.000,00 – aber diese sind sofort am Konto und das Zahlungsrisiko wird vermieden.

Auch hier gilt: Risikoverringerung bzw. Sicherheit vor Rentabilität!

3.2 Mezzanine-Finanzierungen

Mezzanine-Kapital stellt eine Mischform von Eigen- und Fremdkapital dar. Mezzanine-Finanzierungen, wie stille Beteiligungen, Genussrechte, Nachrangdarlehen oder Wandeldarlehen ermöglichen es mittelständischen Unternehmen, die Eigenkapitalquote zu stärken, ohne ihre unternehmerische Freiheit einzubüßen. Typische Kapitalgeber von Mezzanine-Kapital sind Banken, Versicherungen, Mittelständische Beteiligungsgesellschaften, Private Equity-Gesellschaften, Private Investoren sowie spezialisierte Mezzanine-Fonds.

Das Mezzanine-Kapital trägt weniger Risiko als das Eigenkapital im engeren Sinn, aber mehr Risiko als das klassische Fremdkapital. Mezzanine-Kapital hat für Unternehmen den Vorteil, dass es wirtschaftlich gesehen Eigenkapitalcharakter hat. Mezzanine-Finanzierungen sind gegenüber „klassischem“ Fremdkapital nachrangig, und im Fall der

Liquidation oder Insolvenz eines Unternehmens darf Mezzanine-Kapital erst dann zurückgezahlt werden, nachdem das gesamte Fremdkapital rückerstattet worden ist.

Mezzanine-Kapitalgeber werden im Verwertungsfall nach den sonstigen Fremdkapitalgebern und vor den Eigenkapitalgebern bedient.

Aufgrund des erhöhten Risikos im Insolvenzfall ist die Verzinsung für Mezzanine-Kapital deutlich höher als bei herkömmlichen Kreditfinanzierungen. Demgegenüber steht aber der große Vorteil der positiven Auswirkung auf die Eigenkapitalquote: Die Eigenkapitalquote eines Unternehmens ist eine wichtige Kennzahl und im Rating wichtig zur Beurteilung der Bonität. Je höher die Eigenkapitalquote ist, desto besser ist das Ratingergebnis.

Mezzanine-Kapital ist kein Ersatz für klassisches Eigen- oder Fremdkapital. Es kommt als Finanzierungsergänzung immer dann in Betracht, wenn dem Unternehmen eigentlich Eigenkapital zugeführt werden müsste. Die Vergütung besteht in einer fixen Grundverzinsung und einem variablen, erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteil sowie einer Abschlusszahlung am Ende der Laufzeit.

Sicherheiten müssen nicht geleistet werden. Für den Mezzanine-Kapitalgeber sind der Unternehmenswert und die Aussicht auf Wertsteigerung von größter Bedeutung: Die Einlage wird am Ende des Beteiligungszeitraums entweder zurückgeführt oder ins eigentliche Eigenkapital überführt.

Trotz all dieser Vorteile sei angemerkt, dass solche Mezzanine-Finanzierungen in Südtirol kaum angewendet werden. Es mangelt einerseits an Investoren und andererseits sind Unternehmen selten bereit, Dritten Mitspracherechte einzuräumen.

3.3 Beteiligungsfinanzierung

Bei der Beteiligungsfinanzierung fließt neues Kapital von außen dem Unternehmen zu, entweder durch zusätzliche Einlagen von bestehenden Gesellschaftern oder in Form von neuen Beteiligungen. Es handelt sich um eine Außenfinanzierung durch Eigenkapital.

Durch die Einlage steigt das Eigenkapital: Der (neue) Gesellschafter erwirbt einen Anteil am Unternehmen und trägt das Unternehmensrisiko mit. Im Gegenzug erwirbt er auch Informations-, Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte sowie eine Beteiligung am Gewinn und Vermögen.

Eine Stärkung der Eigenkapitalquote wirkt sich grundsätzlich positiv auf das Unternehmen aus.

Bei einer Beteiligungsfinanzierung wird das Unternehmen vorher nach bestimmten Kriterien geprüft, allerdings wird kein klassisches „Rating“ gemacht. Der Investor ist bereit, Risiko mitzutragen. Die Motivation für die Risikoübernahme ist die Aussicht auf Gewinn und Wertsteigerung.

Die Beteiligungsfinanzierung ist in Südtirol selten: Die Südtiroler Unternehmen sind vorwiegend kleinstrukturiert und im Familienbesitz. Die Familienstruktur prägt das Unternehmen und dessen Entscheidungsprozesse. Deshalb werden Dritte in einem solchen Gefüge häufig als „Fremdkörper“ wahrgenommen. Die Unternehmen greifen lieber auf klassisches Fremdkapital zurück, als sich durch die Aufnahme von Beteiligungskapital der Mitbestimmung zu öffnen. Sie fürchten, Kontrolle, Macht und Einfluss aus der Hand zu geben und damit ein Stück Unabhängigkeit aufzugeben.

Die Finanzierung durch Beteiligungen birgt großes Potential für Unternehmen, die sich in einer Phase der Expansion oder Umgestaltung befinden. Innovation, Betriebsübergabe und die Eroberung von neuen Märkten verursachen in der Regel einen außerordentlichen Kapitalbedarf.

Allerdings sind die Investoren vorsichtig: Es gibt nur wenige vermögende Privatpersonen, die bereit sind, ihr Geld in ein Unternehmen zu investieren. Eine solche Investition bedeutet Mitsprachepflicht, Unternehmerverantwortung und erhöhtes Kapitalrisiko.

Die Kapitalgeber einer Beteiligungsfinanzierung werden herkömmlich auch als Business-Angels bzw. Venture Capital-Gesellschaften bezeichnet. 

Seed Funds

Seed Funds (engl. Anschubfinanzierung) ist eine Finanzierung zum „Anschub“ einer Geschäftsidee. Der Investor steht dem Gründer schon vor der Gründung zur Seite und unterstützt ihn sowohl finanziell als auch durch seine Erfahrung.

Crowdfunding

Beim Crowdfunding (engl. crowd „Menschenmenge“, funding „Finanzierung“) finanzieren viele kleine Investoren gemeinsam ein Unternehmen bzw. ein bestimmtes Projekt eines Unternehmens.

3.4 Verbriefung von Krediten

Ein ergänzendes Finanzinstrument zum klassischen Bankkredit ist die Verbriefung von Krediten. Damit kann auch Kleinstunternehmen der Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht werden. Bei dieser Finanzoperation werden Kredite laut Gesetz Nr. 130/1999 an eine eigens dafür gegründete Zweckgesellschaft abgetreten. Diese finanziert sich durch die Ausgabe von Obligationen, die von Investoren gezeichnet werden. Durch die Verbriefung von Krediten schaffen die Finanzinstitute in ihren Bilanzen Spielraum für neue Kredite und indirekt stärkt dies die Liqudität der Unternehmen.

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