Formen der Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation bestimmt die Struktur eines Unternehmens und hat dadurch einen großen Einfluss darauf, wie schnell und mit welchen Kosten man auf Kundenwünsche reagieren kann. Da sie von unterschiedlichen Faktoren abhängt (z. B. von der Unternehmensgröße, vom Leistungsprogramm oder von der eingesetzten Fertigungstechnologie), eignet sich nicht jede Organisationsform für jedes Unternehmen: Eine Struktur, die das Unternehmen nach Funktionen aufteilt, ist zwar übersichtlich, vernachlässigt aber oft den Blick auf die einzelnen Produkte und den Markt.

1. Grundsätzliches – Einlinien-System oder Mehrlinien-System

Beim Einliniensystem hat jeder Mitarbeiter einen direkten Vorgesetzten, d.h. der Mitarbeiter erhält nur von einer übergeordneten Stelle Anweisungen und Arbeitsaufträge. Man nennt dieses System deshalb auch „Prinzip der Einheit der Auftragserteilung“.

Dagegen hat beim Mehrliniensystem (Funktionssystem) jeder Mitarbeiter mehrere unmittelbare Vorgesetzte, von denen er seine Aufträge erhält („Mehrheit der Auftragserteilung“). Das Mehrliniensystem bezeichnet man auch als „Prinzip des kürzesten Weges“.

Vorteile
Einliniensystem Mehrliniensystem
  • Einfach und übersichtlich
  • Kein Kompetenzgerangel
  • Eindeutige Dienstwege und Verantwortungsbereiche
  • Mitarbeiter sind einfach zu steuern und zu betreuen
  • Direkte Weisungs- und Informationswege
  • Mitarbeiterkontrolle durch mehrere Vorgesetzte
  • Fachautorität der übergeordneten Stellen wird betont
  • Kein schwerfälliger Instanzenweg

 

Nachteile
Einliniensystem Mehrliniensystem
  • Langer Dienstweg
  • Evtl. Informationsverfälschung auf den langen Dienstwegen
  • Überlastung der Führungskräfte
  • Abhängigkeiten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern
  • Erschwerte Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern
  • Keine klaren Kompetenzabgrenzungen
  • und Verantwortungsbereiche
  • Schwierige Fehlerzuweisung
  • Einheitliche Umsetzung der Unternehmensziele wird erschwert
  • Konfliktpotential durch Mehrfachunterstellung

2. Stabliniensystem

Beim Stabliniensystem ordnet man den einzelnen Stellen der Linie so genannte Stabstellen zu. Sie haben lediglich beratende Funktion und keine Weisungsbefugnis. Die Stäbe sind für grundlegende Probleme zuständig und sollen die Instanzen entlasten, indem sie die anstehenden Entscheidungen vorbereiten.

Stabliniensystem
Vorteile Nachteile
  • Entlastung der Linieninstanzen
  • Sorgfältigere Entscheidungsvorbereitung
  • Synergieeffekte durch Stabs- und Linienwissen
  • Konfliktpotential zwischen Stab und Linie
  • Linie setzt Ideen der Stabsabteilung evtl. nicht um
  • Informelle Macht der Stabsstellen durch Informationsvorsprung

3. Funktionale Organisation

Bei einer funktionalen Organisation untergliedert man das Unternehmen nach Funktionen (Beschaffung, Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb usw.), d.h. gleichartige Aufgaben werden zusammengefasst. Die Grundlage bildet dabei ein Einlinien- oder ein Stabliniensystem.

Diese Organisationsform eignet sich besonders für kleine und mittlere Unternehmen mit relativ homogenem Leistungsprogramm und stabilen Absatzmärkten. Die Funktionsbereiche hängen von der jeweiligen Branche ab.

Funktionale Organisation
Vorteile Nachteile
  • Sehr übersichtlich
  • Eindeutige Verantwortungsbereiche und klare Kompetenzabgrenzung
  • Nutzung von Expertenwissen
  • Bereichsdenken / Egoismus
  • Überlastung der Führungskräfte wegen mangelnder Delegation
  • Fehlende Marktnähe
  • Langer Dienstweg
  • Kein Prozessdenken

4. Spartenorganisation

Eine Spartenorganisation ist ein Einlinien- oder Stabliniensystem, das nicht nach Funktionen, sondern nach „Objekten“ (Produkten, Ländern, Projekten, Kundengruppen, …) untergliedert ist. Die einzelnen Geschäftsbereiche (Sparten, Divisions) werden häufig als Profit- Center mit eigener Gewinnverantwortung geführt. Sie sind dann für das operative Geschäft selbst verantwortlich und somit relativ selbständig („Unternehmen im Unternehmen“). Die Unternehmensleitung kümmert sich um die strategischen Entscheidungen und um die Koordination der einzelnen Sparten. Eine Spartenorganisationsstruktur findet man vor allem bei Unternehmen mit einem diversifizierten Produktangebot.

Spartenorganisation
Vorteile Nachteile
  • Entlastung des Managements durch die
  • Leiter der Sparten
  • Hohe Flexibilität / Anpassungsfähigkeit Übersichtlicher und leichter zu steuern als kompletter Großbetrieb
  • Fehlbesetzungen treffen nur Sparte Eigene Gewinnverantwortung der Sparten möglich (dadurch große Motivation für die Spartenleiter)
  • Entwicklung von Spartendenken (Spartenziele werden über die Unternehmensziele gesetzt)
  • Konkurrenzkämpfe zwischen den einzelnen Sparten (z.B. bei der Ressourcenverteilung)
  • Verzicht auf Synergieeffekte (Abteilungen mehrfach vorhanden)
  • Hoher Personalbedarf und Bedarf an Führungskräften

Die Nachteile der Spartenorganisation haben dazu geführt, dass in vielen Unternehmen eine Reihe wichtiger Funktionen nicht an die Sparten delegiert werden. Vielmehr werden Zentralabteilungen (z.B. für Finanzen, Personal, Controlling) gebildet, die als Service-Einheiten für die einzelnen Divisions fungieren (internes Kundenprinzip). Diese Zentralbereiche sind der Unternehmensleitung unterstellt und unterstützen sie bei ihren strategischen Entscheidungen, ohne allerdings selbst entscheidungsbefugt zu sein. Zusätzlich leisten sie Koordinationsarbeit, wenn sich die Sparten zu weit von den Unternehmenszielen entfernen.

5. Matrixorganisation

Die Matrixorganisation versucht, die Vorteile der funktionalen Organisation mit denen der Spartenorganisation zu verbinden. Man untergliedert das Unternehmen also sowohl nach Funktionen als auch nach Objekten (z.B. Produkte, Projekte, Kunden, Märkte). Da beide Gliederungsprinzipien gleichzeitig und gleichberechtigt angewandt werden, entsteht ein Mehrliniensystem.

Matrixorganisation
Vorteile Nachteile
  • Expertenwissen (Leitungsspezialisierung)
  • Spezialisierung an den Schnittstellen
  • Entlastung des Managements
  • Flexibel und anpassungsfähig an veränderte Umweltsituationen
  • Hohes Konfliktpotential (Mehrliniensystem)
  • Uneinheitliche Leitung
  • Kompetenzkreuzungen
  • Misserfolg wird auf die andere Dimension abgeschoben

Trotz aller Nachteile und trotz des hohen Koordinationsaufwands bietet sich eine Matrixorganisation besonders für Unternehmen an, die auf turbulenten Märkten agieren und die ein breites Leistungsprogramm anbieten.

6. Formelle und informelle Organisation

6.1.Die formelle Organisation

Die formelle Organisationsstruktur fügt das betriebliche Geschehen zu einer auf den Unternehmenszweck ausgerichteten Einheit zusammen. Grundelemente dieser Struktur sind Stellen, die zu Gruppen und Abteilungen als Subsysteme zusammengefasst werden. Diese Subsysteme sind durch die Gestaltung organisatorischer Beziehungen miteinander verbunden. Die formelle Organisation ist das Ergebnis bewussten und geplanten Handelns.

6.2. Informelle Organisation

In der Unternehmenspraxis zeigt sich, dass die offizielle Soll-Struktur in der Regel nicht mit der tatsächlichen Struktur identisch ist. Neben der formellen Unternehmensorganisation entstehen als Ergebnis ungeplanten menschlichen Verhaltens informelle oder informale Erscheinungen. Ursache dafür sind individuelle Bedürfnisse und Vorstellungen der Mitarbeiter.

Informelle Erscheinungen finden ihren Ausdruck in

  • Informellen Gruppen
  • Informeller Kommunikation
  • Informellen Normen
  • Informellen Führern

(1) Informelle Gruppen

Diese bilden sich aufgrund gemeinsamer sozialer Faktoren, wie Herkunft, Alter oder gemeinsame Interessen, die nicht mit dem betrieblichen Geschehen in Zusammenhang stehen. Beispiele:

  • Tischgruppen in der Kantine
  • Plaudergruppen
  • Anhänger von Fußballmannschaften
  • Mitglieder des betrieblichen Sportvereins

(2) Informelle Kommunikation

Diese existiert in zwei Formen. Zum einen handelt es sich um den Austausch von persönlichen Informationen, zum andern sind es Inhalte mit formalem Gehalt, die aber außerhalb der vorgesehenen Kommunikationswegen weitergegeben werden. Der Instanzenweg wird nicht eingehalten. Die informelle Kommunikation kann für den Arbeitsablauf förderlich sein, wenn dadurch betrieblich notwendige Informationen und Anregungen schneller und effektiver übermittelt werden. Nicht alle Fälle eines notwendigen Informationsaustausches können organisatorisch geplant werden. Manchmal ist das formale System zu schwerfällig ist. Diese Mängel der formellen Kommunikation können so kompensiert werden. Nachteilig ist, dass dadurch Instanzen übersprungen werden und Gerüchte, auf diesem Weg entstehen, unnötige Konflikte hervorrufen können.

(3) Informelle Normen

Das sind Verhaltenserwartungen, die von den Mitgliedern informeller Gruppen ausgehen. Informelle Normen regulieren zum einen das Verhalten der Gruppenmitglieder untereinander, zum andern aber auch das Verhalten gegenüber den formalen Regelungen. So können etwa durch informelle Normen die Gültigkeit der formellen Normen in Frage gestellt werden und daraus Normenflikte erwachsen.

(4) Informelle Führer

Das sind Personen, denen aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften von den Mitgliedern einer Gruppe eine besondere Autorität eingeräumt wird.

Ein informeller Führer kann eine integrierende und stabilisierende Funktion einnehmen. Allerdings kann es auch zu Konflikten mit dem Vorgesetzten, dem formellen Führer, kommen.

Informelle Erscheinungen haben einen erheblichen Einfluss auf das interne Geschehen und den Unternehmenserfolg. Sie müssen in der aufbauorganisatorischen und prozessualen Gestaltung des Unternehmens berücksichtigt werden. Da die formellen Regelungen nie perfekt sein können, kön- nen solche Lücken informell geschlossen werden.

Die Unternehmensführung muss sich bemühen, die positiven Effekte der informellen Erscheinungen zu fördern und versuchen, mögliche Konflikte im Vorfeld zu erkennen und zu vermeiden.

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